Nachstehend siehst du zunächst eine Übersicht über ein graduelles Belastungsprogramm bei einer Tendinopathie (vgl. Mascaro et al., 2018; Murphy et al., 2018; PMS, 2018).
1. Isometrie:
Gemeint sind „haltende“ Übungsformen über ein gewisses Zeitintervall. Stelle dich beispielsweise auf die Zehenspitzen, die Knie sind dabei leicht gebeugt. Halte diese Position. Je nach Schmerz kann man dies einbeinig oder mit beiden Beinen gleichzeitig durchführen.
2. Exzentrisch feat. Isometrie:
Beschrieben sind hier exzentrische (nachlassende) Übungsinhalte gepaart mit isometrischen Übungen. Stelle dich (mit Gewichtsrucksack) an eine Treppenstufe, die Ferse ragt über die Stufe hinaus. Stelle dich auf die Zehen (am besten einbeinig). Lasse nun die Ferse ganz langsam (ca. 4 sec.) nach unten sinken, bis die Bewegung im Sprunggelenk endet. Evaluiere dein Schmerzlevel
3. Steigerung der funktionellen Kraft:
Wichtig ist, dass du die Punkte 1-2 an mindestens drei Tagen pro Woche beibehältst. Hierbei verändern wir die Arbeit in eine exzentrisch/ konzentrische Bewegung. Wenn man so will, beschreibt dies das klassische Wadenheben. Allerdings mit der Prämisse, die Bewegung in der „Aufwärtsphase“ relativ schnell zu gestalten und in der „Abwärtsphase“ relativ langsam (1/1/3). Es bietet sich an im Wechsel ein- und beidbeinig zu trainieren.
4. Plyometrie:
Du bist bereits wieder im sportartspezifischen Training, führst allerdings immer noch mindestens dreimal pro Woche die exzentrischen und isometrischen Übungen durch. Jetzt bietet es sich an plyometrische Übungen wie Box-Jumps, Einbeinsprünge etc. an mindestens 2x/W. durchzuführen.
5. Return to Play:
Du kannst wieder spielen. Glückwunsch!
Dennoch solltest du mindestens zwei- bis dreimal pro Woche die Punkte 1-2 in dein Training einbauen. Abseits von den anderen Punkten. Am besten wäre es natürlich auch das klassische Wadenheben sowie ein ausgefeiltes Krafttrainingsprogramm sowie plyometrische Inhalte beizubehalten, doch zunächst versuchen wir im Alltag umsetzbare Vorschläge zu internalisieren.
Bedenke, dass diese Intervention ein hohes Maß an Adhärenz erfordert, da sie langfristig angelegt werden muss.
Sofern du diese essentiellen Punkte befolgst, steht die Chance gut die Schmerzsymptomatik in den Griff zu bekommen, um endlich schmerzfrei spielen zu können. Selbstredend kann es auch innerhalb dessen zu Rückschlägen kommen. Es sei ebenfalls gesagt, dass nicht jedes Training für jeden Menschen geeignet ist. Wir reden hier allerdings von einer hohen Schnittmenge, die mit dieser Art von Trainingsprogramm Erfolg haben kann.
1. Bleib in Bewegung. Der größte Fehler der hierbei gemacht wird, ist es, jede Form der Belastung einzustellen. Der Schmerz wird zwar durch Ruhe gemäßigt, doch die Funktion der Sehne wird so nicht verbessert.
2. Verzichte auf exzessive Sehnenbelastungen in der Anfangs- /Akutphase der Tendinopathie. Ein Modifizieren der Belastungsformen ist wohl die beste Wahl der Mittel. Radfahren, spezifisches Krafttraining und Aquasport wären meine Empfehlung. Energiespeichererweiterung (Isometrie) und Reduktion des Schmerzes stehen im Vordergrund.
3. Die wichtigste Behandlung der Sehne ist das Training. Alle Behandlungsformen sind bisher wissenschaftlich evaluiert worden. Das Training der Sehne hat die beste Evidenz für eine Verbesserung von Schmerzsymptomen bei gleichzeitiger Funktionsverbesserung.
4. Belastungsformen müssen individualisiert werden. Deshalb muss jede(r) seine Schmerzpräsentation selbst evaluieren und demnach seine eigene Belastungssteuerung finden.
5. Progression. Dieser Punkt ist überaus wichtig. Progressionen können sein: Lasterhöhung, Zeitintervallverlängerung, Erhöhung der Satzzahl, Verkürzung der Pausenzeit und andere Kontraktions- und Übungsformen (Isometrie, Konzentrisch, exzentrisch, ballistisch, plyometrisch…). Meiner Meinung nach ist die Erhöhung der Last die wichtigste Progressionsform, da der mechanische Reiz hier relativ hoch gewählt werden kann.
6. Eine Tendinopathie braucht Zeit. Die Sehne wird sich nur langsam anpassen, da sie langsam auf Training reagiert. Dies ist auch der Grund, warum die Progression so wichtig erscheint. Dennoch ist hier enorme Geduld gefragt. Es gibt auch keine Abkürzungen.
7. Passive Maßnahmen gelten übrigens lediglich als Zusatz zu einer Trainingsintervention. Ultraschall, Stoßwellentherapie, Injektionen oder aktiv-dynamisches Dehnen („Mobility“) sind lediglich additive Maßnahmen, ersetzten allerdings nicht das Training. Diese Sachen können in Kombination mit dem Training sehr nützlich sein. Alleinstehend werden sie wohl keinen langfristigen Erfolg bringen (vgl. Abate et al., 2009; Cook at al., 2012, Littlewood et al., 2013, Malliaras et al., 2013; adaptiert von physiomeetscience.com).
8. Übergewicht und Ernährung. Beide Punkte werden im Breitensport oftmals leider völlig unterrepräsentativ betrachtet. Übergewicht, also ein BMI über 25, ist ein Risikofaktor für eine Vielzahl von Erkrankungen und ebenfalls ein „Driver“ für Verletzungen mit Entzündungssymptomatik. Gleichsam „befeuert“ eine mangelhafte Ernährung (Alkohol, Rauchen, zu wenig Mikronährstoffe) den Entzündungsprozess oder lässt ihn länger verweilen.
Die aufmerksamen Leser*innen haben gesehen, dass für die einzelnen Stufen keine Zeiten vorgegeben sind. Mit Hilfe des Pain-Monitoring Systems nach Thomeé und Silbernagel (2007) evaluierst du jeden Tag aufs Neue deinen Fortschritt.
Wie bereits skizziert, finden die ersten Verbesserungen nach ca. 2 Wochen statt. Es kann allerdings weitaus länger dauern, bis du eine wirkliche Schmerzreduktion unter Belastung registrierst.
Be fearless. Be focused. B42