Schockdiagnose Knieoperation

B42

30.09.2021 Lesezeit: 3 min

Ein Gastbeitrag unseres Experten Peter Breitfeld 

„Wir bringen die Spieler um!“ Thomas Tuchel, damals noch als Trainer von Paris Saint-Germain an der Seitenlinie, hob nach dem Corona-Restart den mahnenden Zeigefinger. Sein Problem: ein vollgepackter Spielbetrieb und damit einhergehend eine nicht zu kontrollierende Trainings- und Spielbelastung.

Laut Tuchel sei nämlich die Relation zwischen Vorbereitung, Leistung und Erholung aufgrund des Spielkalenders in einem enormen Ungleichgewicht, was die Spieler in gefährliche Situationen bringen würde.

Und eben jene Problematik aus viele Spiele, schwierige Vorbereitung und wenig Regeneration droht Jahr für Jahr auch Eins-zu-Eins dem Amateursport. Denn es wird auch dieses Jahr zu Verletzungen aufgrund Überbelastungen und mangelnder Regeneration kommen. Es stellt sich lediglich die Frage nach Schwere und Ausfallzeit für die SpielerInnen.

Im letzten Beitrag haben wir dir aufgezeigt, was du vor deiner Operation (Prehabilitation) tun kannst, um die Ausfallzeit möglichst gering zu halten. In diesem Artikel nehmen wir uns die Zeit unmittelbar nach der Operation vor – ein Trainingsprogramm für die Post-Operation bei Knieverletzungen.

 

Disclaimer:

In diesem Blog soll es nicht darum gehen, in Frage zu stellen, ob Physiotherapeuten alles richtig machen und dich sportartspezifisch wieder zurück auf den Platz führen.

Dein Therapeut ist definitiv der Chef in der Manege – er kennt deinen Körper am besten, hat dein Knie „in der Hand“ und genau deshalb ist seine Meinung von größter Bedeutung.  

 

Knieverletzungen sind im Fußball häufig schwerwiegend

Es ist ein Geräusch, das Mark und Bein erschüttert. Eines, dass man nie wieder vergisst: Der leicht ploppende Knall eines gerissenen Kreuz- oder Außenbandes.

Erst kommt dieses fürchterliche Geräusch, dann der Schmerz und anschließend die Gewissheit für die nächsten Monate ohne Fußball auskommen zu müssen.

Knieverletzungen sind im Fußball häufig – und meistens auch schwerwiegend. Die Wettkampffähigkeit ist selbst bei Profis meist erst nach 9 Monaten möglich, im Amateursport sogar eher nach 12 Monaten.

Vor allem bei Frauen sind Knieverletzungen besonders schwerwiegend.

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Nach der Operation beginnt der Neuanfang

Kaum aus der Narkose einer Knie-Operation aufgewacht, versucht man zunächst seine Gedanken zu ordnen – Klarheit zu bekommen. Sich bewusstwerden, wie es nun grundsätzlich weitergeht, wie man mit der Comeback-Arbeit anfangen kann und ob man jemals wieder an das alte Leistungsniveau anknüpfen kann.

Jeder Fußballspieler und jede Fußballspielerin stehen also vor einer Fülle an Fragenzeichen und Ängsten.

Mit diesem Blogartikel wollen wir skizzieren, was nach einer Knie-Operation zu erwarten ist und was man in den folgenden Wochen unterstützend machen kann – bis das Reha-Training in der B42-App startet.

Meist vergeht wertvolle Trainingszeit unmittelbar nach der Operation

Nach spätestens drei Tagen wird mittlerweile ein Kreuzbandpatient mit Krücken und Schiene vom Krankenhaus entlassen.

Bis zum siebten Tag herrscht dann häufig Stillstand. Bis zum ersten Kontakt mit einem Physiotherapeuten des Vertrauens vergeht weitere wertvolle Zeit – manchmal bis zu 14 Tage.

Das ist auch der Zeitpunkt, an dem dann auch schon die Fäden entnommen werden.

Gesetzlich versichert Rekonvaleszente verlieren häufig jedoch nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch noch wertvollere Termine des ersten Rezeptes der Krankenkasse.

Vor allem am Anfang sollte mehr passieren als Lymphdrainage und Netflix

Nach der Operation vergehen die ersten vier bis sechs Wochen meist wie im Flug.

Frägt man den Kreuzbandpatienten was gemacht wurde beziehungsweise was davon dem verletzten Fußballspieler oder der verletzten Fußballspielerin im Kopf bleibt, so wäre die Antwort häufig:

Ich habe mein Knie hochgelagert, gekühlt und war zweimal die Woche bei der Lymphdrainage. Den Rest des Tages habe ich Netflix geschaut und ein motivierendes Buch gelesen.

Jeder kann hier rauslesen, was in dieser Zeit passiert: nicht viel.

Um stärker zurückzukehren, muss man das Behandlungs-Maximum als Ziel ausgeben

Doch soll es das sein, was du dir als Ziel für deine Rehazeit setzt?

Selbstverständlich muss man anerkennen, dass wir hier von einem heiklen Thema sprechen. Jede Verletzung gilt es als individuell zu betrachten. Gab es vielleicht sogar Begleitverletzungen?

Ein Pauschalrezept, eine Blaupause für DIE perfekte Reha gibt es nicht. Kann es nicht geben.

Aber eines sollte klar sein: Jeder sollte das Maximum aus seiner Therapie herauskitzeln wollen.

Kein ambitionierter Sportler würde sagen, „ja mir reicht es zu 70 Prozent wieder zurück zu kehren“.

Profi-Knowhow für Amateursportler

Warum also nicht die neuesten Erkenntnisse aus der Wissenschaft miteinzubeziehen. Warum auch nicht ähnliche Sachen wie die Profisportler machen.

Es stellt sich lediglich die Frage:

Woher bekommt man die Übungen, auf die die Top-Athleten zurückgreifen?

Genau hier kommen wir zu jenem Punkt, der den Inhalt dieses Blogartikels darstellen soll.

Was kannst du als Amateursportler*in ab jenem Zeitpunkt machen, wenn du nach einer Knieoperation zu Hause angekommen bist – ohne große Risiken.

Bewusstes Atmen als Unterstützung nach einer Knieoperation

Es gibt wenige Situation, in denen bewusstes Atmen schaden kann – so auch im Falle einer Kreuzband-Operation.

Ob es nun die bewusste Bauchatmung oder die intermittierende Hypoxie ist – beide Methoden können Kreislauf und Lymphfluss bevorteilen.

Aus diesem Grund stellen bereits Atemtechniken den ersten Schritt deiner Rehabilitationszeit dar. Eine frühe Phase, in der man das Knie ohnehin nur bedingt belasten kann und darf.

Als Faustregel gilt: Durch den erhöhten Stoffwechsel könnten Entzündungsprozesse besser arbeiten.

 

 

  • Lege dich auf den Rücken und platziere deine Hände auf den unteren Rippenbögen

  • Atme ausschließlich durch die Nase tief ein und aus

  • Folge dem Rhythmus 2-2-4-2 oder 3-3-6-3 als Progession:

 

Das bedeutet: 2 Sekunden einatmen – 2 Sekunden halten – 4 Sekunden ausatmen – 2 Sekunden halten.

Genau das sollte auch das Ziel sein, denn dadurch könnte das operierte Knie schneller abschwellen, Narben eventuell besser verheilen und auch die hormonelle Ausschüttung könnte begünstigt werden.

Nächster Schritt: zurück zur Aktivität

Anschließend – zirka zwei bis drei Wochen nach dem Eingriff – folgt mit unserem Trainingsprogramm speziell für die Zeit nach einer Knieoperation der nächste Schritt.

Grundsätzlich ist es wichtig, dass man in dieser Phase nicht übermotiviert agiert, sondern eher auf sicheren Wegen zu wandeln.

Wir empfehlen daher grundsätzlich, deinen Physiotherapeuten und/oder den operierenden Arzt zu involvieren und bei Fragen nicht zu zögern. 

Übung 1: Knee Rubbing

 

 

  • Reibe dein Knie mit einem Handtuch großflächig mit sanftem Druck

  •  20 - 30 Sekunden

Übung 2: Nerve Glide Hamstring

 

 

  • Strecke dein Bein und ziehe deine Fußspitze heran

  • Rolle deinen Oberkörper ein und wippe gleichmäßig

  • 10 - 15 Sekunden

 

Übung 3: Patella Glide

 

 

  • Arbeite aktiv an der Spannung deiner Oberschenkelmuskulatur

  •  10 Wiederholungen

 

Übung 4: Rotated Leg Lift

 

 

  • Arbeite aktiv an der Spannung deiner Oberschenkelmuskulatur

  •  10 Wiederholungen

 

Übung 5: Seated Heel Slide

 

 

  • Aktive Beugung und Streckung des Knies

  • Auf glatten Untergrund bietet es sich an ein Handtuch unter der Ferse zu verwenden

  •  15-20 Wiederholungen

 

Nutze den Cross-Education-Effekt

Was macht man eigentlich mit dem Oberkörper und der gesunden Beinseite? Die Antwort. Bitte trainieren.

Deshalb sollten alle Übungen auf beiden Körperseiten ausgeführt werden, um sich den Cross-Education-Effekt zu nutzen zu machen, ein Phänomen, bei dem ein einseitiges Training zum Kraftzuwachs auf der untrainierten Seite führt.

Bevor du jedoch diese Übungen auch mit dem verletzten Bein ausführst, empfehlen wir dir die Absprache mit deinem Therapeuten oder Arzt.

 

Für die lange Rehazeit: unser Comebacktraining

Unsere Trainings- und Rehaexperten betreuen seit vielen Jahren Profisportler rehabilitativ nach schwerwiegenden Verletzungsmustern.

Dieses Knowhow haben wir für euch mit ihm zusammen in eine unglaubliche Guide-Reihe gesteckt und freuen uns schon darauf, damit möglichst vielen Spielern helfen zu können.

Bei folgenden Verletzungen des Kniegelenks kannst du mit diesem Guide an deinem Comeback arbeiten:

 

Riss des vorderen Kreuzbands (ACL)

Innenbandverletzung (MCL)

Instabilitäten im Kniegelenk

Meniskusverletzungen

Distorsionen, Verdrehungen, Ergüsse, chronische Knorpelschädigungen

 

Meist wird ein Kreuzbandriss im Fußball nicht durch direkten Gegnerkontakt verursacht – sondern es passiert oft bei Landungen oder schnellen Richtungswechseln, wenn der Körper nicht ausreichend auf diese vorbereitet ist.

Deshalb ist es wichtig, seinen Körper durch gezieltes Training vor Verletzungen zu schützen, um am besten niemals dieses verheerende Geräusch im eigenen Knie hören und niemals dieses furchtbare Gefühl spüren zu müssen.

 

Eine Operation steht dir unmittelbar bevor

Solltest du dich doch am Kreuzband verletzt haben, dann kommt es ganz entscheidend auf die ersten Tage nach der Verletzung an. Was du hier tun kannst, erfährst du im Beitrag "Prehabilitation". Das hilft dir sowohl vor einer OP, als auch bei konservativer Behandlung ohne orthopädischen Eingriff.

Über den Autor

Coach Peter Breitfeld ist seit drei Jahren der Kopf hinter den B42 - Trainingsprogrammen.

Vor allem auf dem Gebiet der Rehabilitation ist der Sporttherapeut mit Studium an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement ein Meister seines Faches.

Ob Olympiasieger, Bundesliga-Profi oder Kreisklassenspieler - Peter Breitfeld hat in seiner Laufbahn als Sporttherapeut unzählige Fußballspieler*innen auf ihrem Weg zurück aufs Feld begleiten dürfen.

Coach Peter ist ein wahrer Allrounder und hat neben diversen Weiterbildungen im Athletik- und Speedtraining auch sämtliche Fortbildungen in der Neuro Athletik (Z-Health Education) absolviert.

Seit letztem Jahr befindet er sich in der Ausbildung zum KPNI-Therapeuten (Klinische Psycho Neuro Immonologie) und hat ein eigenes Trainings- und Therapiezentrum namens FENICS eröffnet.

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Quellen

Ardern, C.L., Webster, K.E., Taylor, N.F. & Feller, J.A. (2011). Return to the preinjury level of competitive sport after anterior cruciate ligament reconstruction surgery: two-thirds of patients have not returned by 12 months after surgery. The American journal of sports medicine, 39 (3), 538–543.

Butler, D. & Moseley, L. (2003). Explain Pain: Second edition. Noigroup Publications, Adelaide, Australia.

Lienhard, L. (2020). Kraft beginnt im Gehirn: Mit Neuroathletik die Kraftentfaltung maximieren, Riva Verlag, Deutschland.

Luig, P., Bloch, H., Burkhardt, K., Klein, C. & Kühn, N. (2018). VBG-Sportreport 2018 – Analyse des Unfallgeschehens in den zwei höchsten Ligen der Männer: Basketball, Eishockey, Fußball und Handball. Hamburg: VBG

Manca, A., Dragone, D., Dvir, Z. et al. (2017). Cross-education of muscular strength following unilateral resistance training: a meta-analysis. Eur J Appl Physiol., 117, 2335–2354.

McKeown, P. (2019). Erfolgsfaktor Sauerstoff: Wissenschaftlich belegte Atemtechniken, um die Gesundheit zu verbessern und die sportliche Leistung zu steigern, Riva Verlag, Deutschland.