Herr Professor Dr. Hinterwimmer, bei der Diagnose „vorderer Kreuzbandriss“ zucken Fußballspieler in sich zusammen. Was muss man sich darunter vorstellen?
Das vordere Kreuzband ist die Struktur zur Stabilisierung des Knies gegen Verschiebung und Verdrehung. Bei einem Riss passiert dann genau das: gleichzeitige Verschiebung und Verdrehung. Meist ohne direkten Einfluss des Gegenspielers bei der Landung nach einem Sprung oder einer plötzlichen Richtungsänderung.
Die Spieler beschreiben den Moment der Verletzung meist so, dass das Kniegelenk ganz kurz raus- und wieder reinspringt, einhergehend mit einem kurzen scharfen Schmerz.
Scharfe Schmerzen, die irgendwann der panischen Frage weichen, ob man jemals wieder auf Top-Niveau Fußballspielen kann. Was bedeuten diese Kreuzbandverletzung für die Sportlerkarriere?
Sowohl für den Amateur wie auch den Profi-Spieler bedeutet diese Verletzung zunächst einmal eine Operation – inklusive mehrmonatiger Pause. Eine konservative Rückkehr zum Fußball, also ohne Operation, ist in den meisten Fällen ausgeschlossen. Die durchschnittliche Ausfallszeit im Profi-Fußball liegt gemäß den verfügbaren Daten bei acht Monaten.
Da bei einer Amateur-Reha nie so intensiv wie bei einer Profi-Reha gearbeitet werden kann, ist die Ausfallszeit entsprechend länger, meist liegt sie bei zehn bis zwölf Monaten. Über eine Beendigung der Karriere muss immer dann ernsthaft nachgedacht werden, wenn sich Verletzungen häufen sowie die Gelenkgesundheit bei Gelenkverletzungen auf Dauer bedroht ist. Glücklicherweise ist dies jedoch selten der Fall.
Warum ist eine möglichst professionelle Reha so wichtig? Welche Probleme gibt es für Amateurspieler hinsichtlich ihrer Reha (Rezeptvolumen, gute Therapeuten)?
Nach jeder Kreuzbandverletzung im Fußball muss zum einen diese ausgeheilt und zum anderen der Rückstand in Bezug auf Koordination, Kraft, Ausdauer und letztendlich Wettkampferfahrung aufgeholt werden.
Die Heilung einer Verletzung oder eine OP gehorcht den Regeln der Biologie und kann bisher nur gering beeinflusst werden. Koordination, Kraft, Ausdauer und Wettkampftraining wiederum sind die Domänen der Rehabilitation.
Und hier trennt sich schnell die Spreu vom Weizen: je besser die Reha, je differenzierter das Nachbehandlungskonzept, je erfahrener das Reha-Team, desto schneller und nachhaltiger lässt sich dieser Rückstand wieder aufholen.
Durch versicherungsrechtliche Vorgaben bedingt, sind der Intensität der Reha, die direkt mit einer Therapeutin/einem Therapeuten gemacht werden können, enge Grenzen gesetzt. Die Rezeptvolumina sind limitiert und die normale berufliche Einbindung ist dominant.