Vor der WM-Nominierung: Deutschlands Bundestrainer werden aktiv

B42

24.06.2018 Lesezeit: 3 min

Warum Erfolgsfans und Bierexperten alles besser wissen

"Schau mal, Hansi! Diese beiden Stürmer wollen unbedingt mit zur WM" titelt die Tageszeitung tz - die Medienlandschaft bereitet sich mit Hochdruck auf die Nominierung des deutschen WM-Kaders vor.

Doch nicht nur die. Denn wie auf Kommando kommen Deutschlands U-Boot-Bundestrainer aus der Versenkung:

"Der Füllkrug muss unbedingt mit"; "Wenn er den Moukoko nicht nominiert, wird das eh nichts"; "In der MLS spielt doch der Mukhtar - den sollte Hansi mitnehmen".

Selbst für den Triple-Gewinner Hansi Flick wird es nach der WM-Nominierung heißen: Nur den wenigsten wird es recht machen können. Schließlich wissen es die meisten von ihnen ohnehin besser.

Warum Erfolgsfans und Bierexperten alles besser wissen

Wer erinnert sich noch das deutsche WM-Spiel 2018 gegen Schweden?

Die Bild am Sonntag titelte am Morgen nach dem Last-Minute Sieg:

„Die Presse feiert die Mentalitätsmonster“ – und wir konnten einfach nur kotzen. Danke Axel Springer.

Die Reaktion von Toni Kroos nach seinem Siegtreffer und das anschließende Interview ließen tief blicken.

 

„Relativ viele Menschen in Deutschland hätte es gefreut, wenn wir raus gegangen wären.“

 

Ganz bestimmt, zu 100 %. Denn in Deutschland haben wir mindestens 10 Millionen Experten, die mehr Ahnung haben als der Bundestrainer und der gesamte medizinische Stab.

Versteht uns bitte nicht falsch. Natürlich freuen wir uns auch über diesen geilen Sieg und das geniale Tor in den Schlußminuten.

Aber wir hätten auch bei einem 1:1 den Hut vor dieser Mannschaft gezogen. Die Schlagzeilen der Boulevardpresse hingegen hätten es aber sicher besser gewusst:

Quo vadis Deutschland?

#diemannschaftamende

Dass es die Presse nicht besser weiß und reißerische Artikel verfasst – geschenkt! Sie verdient damit ihr Geld und müssen sich gleichzeitig noch um die schmutzige Unterwäsche von fünf Millionen deutscher C-Promis kümmern – da kratzen die Berichte zwangsläufig nur an der Oberfläche.

Das aber Millionen von Menschen in Deutschland Woche für Woche der Meinung sind es besser zu wissen, als echte Experten, die 24 Stunden am Tag mit den Athleten arbeiten, treibt uns fast in den Wahnsinn.

 

Selbst nie über die Rolle des Auswechselspielers in der Reservemannschaft hinaus gekommen, aber dennoch vermeintlich in der Lage die technisch – taktischen Fertigkeiten der Nationalspieler beurteilen zu können.

 

Selbst schon überfordert, wenn man sich die Blase an der Ferse mit einem Heftpflaster abkleben muss, aber trotzdem zu 100 Prozent überzeugt, dass Manuel Neuer aus medizinischer Sicht nicht bei 100 Prozent sein kann.

Selbst noch nicht einmal im Leben eine Bambini – Elf trainiert, aber trotzdem sicher, dass der Bundestrainer besser Leroy Sane als Julian Brandt hätte nominieren müssen.

Warum?

Wie kommt man zu der Annahme, man habe selbst mehr Ahnung von der sportlichen Situation der Nationalmannschaft, als der gesamte Stab an Betreuern?

Wenn der 150 Kilogramm schwere, deutsche Michel nach dem siebten Bier in der 89. Minute jammert, dass Timo Werner auch schon mal schneller war, dann kann man es wenigstens noch auf den Alkohol schieben.

Was wäre aber morgen in den Büros wieder in der Kaffeepause das Thema gewesen, wenn Toni Kroos nicht mit Wut im Bauch den Ball in den Winkel gezimmert hätte?

Dann hätten es 10 Millionen Experten eh schon wieder vorher gewusst. „La Mannschaft“ ist satt. Kein Biß. Der Eierkrauler Löw hat die falschen Spieler nominiert, BLA BLA BLA.

„Du musst dann aber auch die Eier haben in der zweiten Halbzeit so zu spielen, nach so einem Fehler.“

Wieder trifft Toni Kroos den Nagel auf den Kopf. Selbst in Unterzahl konnte weiter am taktischen Grundkonzept festgehalten werden und es wurde nicht kopflos nach vorne gerannt.

Die Körpersprache von Manuel Neuer war so unfassbar positiv, dass fast schon den Eindruck entstand er wusste schon kurz nach dem Ausgleich, was in der 95. Minute passieren würde. .

Wir würden uns wünschen, dass es mehr von dieser Sorte Mensch geben würde. Positiv Denkende, mit einem unbändigen Willen und dem Glauben etwas zum gemeinsamen Erfolg beitragen zu können. Nicht nur auf, sondern auch neben den Fußballplätzen. In den Kneipen, Cafes und den Wohnzimmern. Nicht nur auf den Fußball, sondern auch auf den Alltag bezogen!

Hansi Flick wird das schon machen!

Deutschlands Bundestrainer und ein komplettes Heer aus Videoanalysten, Scouting-Experten und Berater werden schon den bestmöglichen Kader für die Weltmeisterschaft zusammenstellen.

Denn darum geht es, um das bestmögliche Team - auf und neben dem Platz. Dazu gehören etliche Stadionbesuche, noch mehr persönliche Gespräche und ständige Gedankenspiele zu verschiedensten Szenarien während des ganzen Turnierverlaufs.

Die Zeit, die Insights und die persönlichen Kontakte besitzt niemand. Nicht einmal Michel am Stammtisch nach etlichen Bieren.

Wir vertrauen auf den Fußballsachverstandes eines Mannes, der mit dem FC Bayern München alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab.

Be Fearless. Be Focused. B42