Noch ist der Fußball für das Deutschland der Gegenwart das, was in frühen Stammesgesellschaften das Lagerfeuer war: Man kommt vor dem Bildschirm oder auf dem Fußballplatz zusammen, um gemeinsam Fußball zu schauen oder zu spielen, tauscht sich dabei aus, entwickelt ein Zugehörigkeitsgefühl und stattet sich mit Gesprächsstoff aus. Manche „Geschichten“, denen man am Lagerfeuer des Fußballs lauscht, brennen sich tief ins Gedächtnis ein – die meisten Menschen in Deutschland können sich die Bilder von Mario Götzes Siegtor bei der WM 2014 sofort und klar in Erinnerung rufen.
Aber während diese Bilder und auch der dazugehörige Kommentar („Mach ihn! …“) damals ausschließlich in der ARD zu verfolgen waren, wird die Winter-WM 2022 in Qatar in Konkurrenz zu den öffentlich-rechtlichen Sendern auch im Bezahlfernsehen übertragen: Magenta TV zeigt alle 64 Spiele des Turniers live, 16 davon sogar exklusiv. Mit einem möglichen WM-Siegtor der Nationalelf werden die Menschen in Deutschland also vielleicht zwei unterschiedliche Kommentare verbinden.
Das zeigt exemplarisch: Die Kommerzialisierung des Fußballs, sie sorgt dafür, dass der Fußball seine Lagerfeuer-Funktion immer schlechter erfüllen kann. In diesem Zusammenhang ist auch die vorerst gescheiterte „Super League“ zu nennen, mit der die Transformation von Fußballvereinen hin zu „Global Brands“ und weg von regionalen Identifikationsobjekten vollendet werden würde.