Aber lasst uns Schritt für Schritt vorgehen. Worum geht es eigentlich und was ist passiert. Wir beginnen also mit einer kurzen Rekapitulation und Chronologie der Ereignisse:
Zürich, 2. Dezember 2010.
Die 22 Mitglieder des FIFA-Exekutiv-Committee kommen zusammen, um über die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 zu entscheiden.
Das Ergebnis: Die WM 2018 geht nach Russland. Die WM 2022 nach Katar. Beides wirft Fragen auf – vor allem bezüglich der Werte und mangelhafter Einhaltung der Menschenrechte, sowie die jeweilige (fehlende) Fußballtradition in den angehenden Austragungsländern.
Ersteres wird bereits damals regelmäßig in Berichten von Amnesty International bestätigt und ist bei der Vergabe somit keine Unbekannte.
Katar, 11. Mai 2011.
Die Entscheidung die WM 2022 war von Beginn an mit Korruptionsvorwürfen begleitet, welche jetzt ihren Höhepunkt erreichen.
Die Rede ist von 20 Millionen Dollar als kleine Aufwandsentschädigung fürs „Arm hochheben“ an die Mitglieder des FIFA Exekutiv-Committee.
Mohamed Bin Hammam, Präsident der asiatischen Konföderation und damals FIFA-Präsidentschaftskandidat, weist alle Korruptionsvorwürfe gegen sein Land zurück.
Ende des Monats wird er aus der FIFA ausgeschlossen. Lebenslang. Wegen Korruption.
Die WM allerdings bleibt in Katar.
Deutschland, 04. November 2013.
Menschenrechtsverletzungen in Katar werden mehr und mehr zum Thema in der Öffentlichkeit. Der englische Guardian berichtete zuvor über verstorbene nepalesische Gastarbeiter.
Grund genug für Deutschlands höchste Fußballinstanz – den Kaiser – ein Machtwort zu sprechen. Seine Worte bis heute legendär: „Ich hob noch nicht einen einzigen Sklaven in Katar gsehn!“
London, 23. Februar 2021
Erneut berichtet der Guardian über Tote auf Katars WM-Baustellen. Und veröffentlicht zum ersten Mal eine konkrete Zahl: 6.500.
Sechstausendfünfhundert.
Virtuelle Pressekonferenz, 19. März 2021.
FIFA-Präsident Gianni Infantino lobt die Menschenrechtslage in Katar:
"Wir müssen uns auch die Geschichte angucken, wo Länder herkommen. Fortschritt ist passiert, das wurde nicht nur von der FIFA, sondern auch von internationalen Organisationen festgestellt. Es ist ein Prozess. Aber das kann nur durch Dialog und Respekt passieren."
London, 14. September 2021
Amnesty International spricht sich gegen einen WM-Boykott aus. Amnesty-Expertin Lisa Salza erklärt, die Organisation wolle vielmehr "die internationale Aufmerksamkeit nutzen".
al-Chaur, Katar, 20. November 2022
Katar bestreitet das Eröffnungsspiel der FIFA-Weltmeisterschaft gegen Ecuador. Anpfiff zur laut Infantino „besten WM aller Zeiten“.
Was bleibt sind die Fragen.